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Was brauchen Kinder um sich zu entspannen?


Achtsamkeit Blog: Was brauchen Kinder um sich zu entspannen?

Vor allem Babies und kleine Kinder haben noch keine Möglichkeit zur sogenannten emotionalen Selbstregulation. Das heißt ganz einfach - wenn es ihnen nicht gut geht, geben sie dem Ausdruck und sind dann ganz darauf angewiesen, daß Hilfe von außen kommt.


Babies sind von dieser Hilfe noch vollständig abhängig. Ab dem Alter von zwei Jahren beginnt ein Kind sich selbst beruhigen zu können. Vorher ist das gar nicht möglich, weil die dementsprechenden Teile des Gehirns noch nicht gebaut sind.


Das ganze Gefühlsleben der Babies und noch viel vom Gefühlsleben kleiner Kinder basiert auf Resonanz. Sie brauchen körperliche Nähe. Sie brauchen es gehalten zu werden, um sich beruhigen zu können.


Doch sie können sich in den Armen der Eltern nur beruhigen, wenn die Eltern selber ruhig und entspannt sind. Denn Babies und kleine Kinder übernehmen sofort die Gefühle der Eltern. Sie sind sozusagen eins mit den Gefühlen der Eltern. Sie können sich nicht selbstständig von ihnen lösen.


Ich beruhige mein Kind, indem ich ruhig bin


Viele Eltern fragen sich, wie sie ihr Kind beruhigen können, während sie selber vom Schreien des Babies, von der Unruhe ihres Kindes oder von anderen äußeren Dingen gestresst sind.


Da wir als Erwachsene so viel mit Worten machen, versuchen wir unsere Kinder dann vielleicht zur Ordnung zu rufen oder ihnen einfach Einhalt zu gebieten. Doch wenn wir selber gestresst sind, können sich unsere Kinder in unserer Nähe nicht entspannen. Sie können dann nicht einfach zufrieden sein, sich fallen lassen, loslassen, zur Ruhe kommen.


Kinder brauchen die entspannte Präsenz ihrer Eltern


Sind die Eltern hektisch und gestresst, spürt das Kind das im eigenen Körper. Mit der Anspannung der Eltern ist im Kind immer ein Gefühl von Gefahr verbunden.


Wenn wir gestresst sind, haben wir unsere Kinder auch nicht wirklich im Blick, weil unser Unbewusstes dann ständig mit der Quelle unseres eigenen Stresses beschäftigt ist. Wir sind dann vielleicht anwesend, aber nicht wirklich da.


Wir sind nicht wirklich präsent, sagen ja, ja - haben aber nicht zugehört. Das ist uns in dem Moment nicht bewusst, aber unsere Kinder spüren es sehr deutlich, ob wir nur da - oder ob wir bei ihnen sind und sie wirklich sehen.


Da Kinder keine Vorstellung davon haben, daß Erwachsene mit Dingen Stress haben bei der Arbeit oder mit anderen Dingen, beziehen sie den Stress der Erwachsenen auf sich.


Sie bekommen das Gefühl, daß sie so wie sie sind nicht liebenswert sind und daß sie sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten müssen, um gesehen zu werden.


Wirklich sein mit dem Kind ohne Ablenkung


Schon Babies suchen den Augenkontakt mit ihren engen Bezugspersonen und fühlen sich am wohlsten, wen sie am Körper getragen werden. Gesehen zu werden und daß jemand mit mir wirklich in Kontakt geht, wirklich in Beziehung geht - das ist das größte Bedürfnis aller Kinder. Und es bleibt auch das größte Bedürfnis, wenn wir erwachsen sind.


Das Gefühl, daß da jemand ist, der mich wirklich sieht und so wie ich bin gern hat, danach suchen wir alle.


Ob wir dieses Gefühl kennenlernen entscheidet sich in unserer Kindheit. Und damit entscheidet sich auch, ob wir Vertrauen darin haben können, daß andere Menschen uns und unsere Bedürfnisse sehen.


Zusammen in einer Wohnung


Jetzt sind wir für eine geraume Zeit alle zusammen in einer Wohnung. Oft die ganze Familie. Viele Dinge fallen weg. Die Frage ist, womit oder mit wem gehe ich in der Zeit in Beziehung.


Meist sind wir in Beziehung mit unseren Aufgaben und mit unseren Computern und Mobiltelefonen, über die wir unsere Aufgaben erledigen.


Diese Zeit ist eine Chance, täglich eine Verabredung mit sich selbst zu haben. Sich täglich selbst zu begegnen. Zu spüren, wie ich mich fühle, was ich gerade brauche, was meine Bedürfnisse sind.


Und diese Zeit ist auch eine Chance mit den Menschen, uns für die Menschen, mit denen wir zusammenleben wirklich Zeit zu nehmen. Vor allem für unsere Kinder.


Wir könnten aufhören uns zu wundern, daß unsere Kinder ständig am Computer oder ipad oder an der Spielekonsole kleben und uns selber sehen, wie wir ständig an Computern und handies kleben.


Alles was mich ablenkt von meiner inneren Unruhe, hilft nur die innere Unruhe für den Moment nicht wahrzunehmen. Aber es hilft nicht, mich zu beruhigen. Die Unruhe bleibt. In uns selbst und in unseren Kindern.


Wir könnten die Zeit gut nutzen um mit unseren Kindern vollkommen präsent sein. Ohne Ablenkung. Ohne irgendeinen Monitor, der dazu führt, daß sich alle auf den Monitor beziehen. Sondern einfach so zusammen sein, zuhören, neugierig auf den anderen sein und sich aufeinander beziehen. Nähe erleben und darin wirklich zur Ruhe zu kommen.


Zur Ruhe kommen


Zur Ruhe zu kommen, um mit meinen Kindern Zeit zu verbringen und sie wirklich zu spüren ist tief befriedigend für die Kinder und für die Eltern.


Je schneller mein Leben läuft, desto weniger machen ich diese Erfahrung.


Wenn ich selber ruhig und präsent bin, ist es mein Kind automatisch auch. Es lernt dieses Gefühl in sich kennen. Es merkt wie sich die tiefe Entspannung einer Näheerfahrung anfühlt. Und so wird dieses Gefühl im Kind zu einer Ressource, die es später nutzen kann - zur eigenen emotionalen Selbstregulation - und zur Fähigkeit in Beziehung zu gehen.


Erst wenn ich selber zur Ruhe komme, kann ich also von meinen Kindern erwarten, daß sie zur Ruhe kommen. Je mehr ich bei mir bin und nicht bei meinen Aufgaben und je ruhiger, desto mehr Beziehung entsteht. Zu mir selber und zu meinem Kind.


Gut auf mich selber schauen


Wenn mir diese Zusammenhänge bewusst werden, wird klar, wie wichtig es ist, daß ich lerne gut auf mich selber zu schauen. Selber gut zu mir zu kommen. Zu wissen, wie ich mich selber beruhigen und in mir Halt finden kann. Dabei kann die Achtsamkeit eine große Hilfe sein. Denn durch mein Vorbild, durch mein Vorleben lernt mein Kind sich selbst zu regulieren.

 

Übung


Was ich hier schreibe wird erfahrbar, indem ich zu Hause selber ausprobiere wie der Effekt ist. Das nächste mal also wenn ich selber gestresst bin und ich mein Kind gerade als unglaublich anstrengend empfinde, kann ich probieren mit der Situation anders umzugehen.


Ich kann schauen, wie ich mich beruhigen kann - um dann in Ruhe und mit voller Aufmerksamkeit mit meinem Kind in Beziehung zu gehen. Wenn ich selber ruhig bin, sehe und empfinde ich mein Kind anders. Wenn ich selber in Ruhe bin, bleibe ich solange in Kontakt, bis Resonanz entsteht. Oder anders gesagt, ich bleibe mit meinem Kind solange in Kontakt, bis ich es nicht nur sehe, sondern wirklich spüre. Wie es ihm geht und was es gerade braucht.


Dann entsteht wirklich Beziehung.


Es ist vielleicht ein ungewohnter Blick auf die Beziehung zwischen Kindern und Eltern. Doch das ist in der Tiefe wie Kommunikation und Beziehung abläuft. Nur wenn wir uns spüren, sind wir wirklich in Beziehung.


Nur wenn mein Kind merkt, daß ich es wirklich wahrnehme, kann es lernen in Beziehung zu gehen und später in sich die Ressourcen zu finden, sich selber Halt geben zu können und in sich selber Ruhe zu finden.


Fixe Rituale oder fixe Zeiten, wo jeder in der Wohnung weiß, da passiert jetzt gar nichts, können in diesen Tagen für alle zu Hause ein Anker sein. Etwas worauf man sich freuen kann. Und bei älteren Kindern auch etwas, wo sie ihre innere Unruhe selber vielleicht ein bißchen halten können, weil sie wissen, daß es eine fixe Zeit gibt, die ganz ihnen gehört.


Eine gute Idee ist, sich gar nicht groß den Kopf darüber zu zerbrechen, was man mit den Kindern dann machen könnte, sondern sie selber zu fragen, wozu sie Lust haben. Jeden Tag kann das Kind bestimmten, was in einer bestimmten Zeit gemacht wird - und wir sind bei ihm - mit ihm und voll dabei.


 

Zum Abschluss noch ein kleiner Lieblingstext von mir, den ich in meinem Blog schon öfters zitiert habe:


Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Kontakt. (Virginia Satir)

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