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Was bedeutet eigentlich "reflektiert sein"?

Eine Ebene von Reflektieren ist, dass man sich über Dinge lang und in der Tiefe Gedanken macht. Und Personen, die das können, auch in Bezug auf soziale Situationen, nennen wir in der Regel reflektiert. Sie haben ein hohes Bewusstsein und oft auch ein tiefes Wissen durch die Reflexion.


Was bedeutet eigentlich "reflektiert sein"? I Achtsamkeit Blog

Doch wenn man auf Beziehung schaut, braucht es eine andere Ebene von Reflexion, damit sie gelingt. Die Selbstreflexion.


Reflexion per se ist etwas, was in der Regel auf der Sachebene passiert. Man schafft Verbindungen zwischen Informationen. Doch die Selbstreflexion hat einen ganz anderen Fokus. Bei ihr geht es um mich persönlich - und darum, was ich fühle.


Die Selbstreflexion betrifft immer die Gefühlsebene.


Die Fähigkeit zur Selbstreflexion bringt mich in Selbstbeziehung und wenn das gelingt, erhält sie Beziehung mit anderen. Sie ist keine intellektuelle Leistung - es geht ums Spüren, ums Wahrnehmen der eigenen Gefühle.


Mir meiner Gefühle bewusst zu werden ist im besten Fall der erste Schritt dazu, mich mit meinen Gefühlen anderen "mitzuteilen", mich sichtbar zu machen. Also den Mut zu finden, mich mit meinen Gefühlen zu zeigen.


Warum braucht es dazu Mut? Weil es nur gelingt, mich anderen zu zeigen, wenn ich meine Gefühle in mir selbst kein Urteil habe. Sonst fürchte ich das Urteil der anderen und verstecke mich.


Hier in 5 Schritten, wie Selbstwahrnehmung zu Selbstbewusstsein, Selbstverständnis, Selbstvertrauen und Selbstwert führen kann.


Selbstwahrnehmung


Innehalten, mich selbst und meine Gefühle wahrnehmen = Selbstwahrnehmung. Es hilft zu wissen, dass Ängste mit Anspannung und wenig Motivation mit Unlust einher gehen. Dann kann ich immer schon mal schauen, aus welchem Eck mein Konflikt vielleicht kommt.


Ist Anspannung da - was ist es, das mir Angst macht?

Ist Unlust da - was ist es, das mir keine Freude macht?


Das ist immer ein guter Einstieg, um Konfliktgefühle näher zu erforschen. Was sind das genau für Gefühle? Kann ich sie benennen? Und vor allem - erlaube ich mir, sie zu spüren?


Selbstbewusstsein


Werden mir meine Gefühle "bewusst", habe ich mal ein grundsätzliches "Selbstbewusstsein". Das ist schon mal ein Gewinn. Ich lerne mich selbst kennen und dann ist die Frage, ob ich mich so sein lassen kann, wie ich bin.


Oft begegnen wir uns mit Abwertungen und Urteilen. Wir wollen ganz einfach, dass wir andere Gefühle haben als die, die gerade da sind. Doch in dem Moment, wo wir uns in dieser Haltung begegnen, verstärkt sich lediglich das Gefühl, das wir nicht haben wollen.


Diese Erfahrung wird jeder schon gemacht haben, der auf diese Weise versucht, ein Gefühl loszuwerden, abzuschütteln, zu ignorieren. Es gibt einen besseren Weg, meinen Gefühlen zu begegnen.


Selbstverständnis und Mitgefühl


Nur wenn ich mich selbst verstehen und Mitgefühl mit mir selbst haben kann, finde ich Halt in mir. Nur dann komme ich in Einklang mit mir. Daher ist der erste Schritt nach dem mir meiner selbst-bewusst zu sein, das radikale Annehmen des Gefühls, das gerade da ist.


Ich stelle dabei weder mich noch mein Gefühl infrage. Ich versuche herauszufinden, was genau dieses Gefühl in mir ausgelöst hat und wo das herkommt. Und ich kann mich fragen, was mir mein Gefühl sagen möchte. Wovor es mich schützen möchte. Denn die Grundmotivation jedes Konfliktgefühls in mir ist, mich vor etwas schützen zu wollen, das mir Angst macht oder zu dem ich mich zwingen muss.


Statt mein Gefühl oder mich selbst infrage zu stellen, schaue ich, wie ich mir selbst mit Mitgefühl und Verständnis begegnen kann.


Wovor möchte mich mein Gefühl schützen? Ist das nicht eine gute Sache? Wie kann ich dem gerecht werden? Wie kann ich meine Grenze schützen. Kann ich mich der Person, die sie verletzt hat, mit meiner Verletzung zeigen? Oder bringt mich das in Gefahr?


Kann ich verstehen und mitfühlen, was mir an der Situation Angst macht oder was unangenehm ist?


Gelingt das, bin ich am ersten Zwischenziel der Selbstreflexion. Damit verschwinden Urteil und Wertung mir selbst gegenüber und auch eventuell vorhandene Scham darüber, dieses Gefühl zu haben.


Selbstvertrauen


Mir selbst und meinen Gefühlen radikal zu vertrauen - mich selbst und meine Gefühle nicht anders haben zu wollen, als ich im Moment bin, das nenne ich Selbstvertrauen. Anders gesagt, das Vertrauen, dass alle Gefühle, die zu mir gehören, wichtig sind und gerade die schwierigen Gefühle mir helfen mich zu schützen.


Meine Gefühle sind der Kompass zum Einklang mit mir selbst. Vertraue ich meinen Gefühlen, komme ich in eine tiefe Entspannung in der Selbstbeziehung.


Dazu gehört der Mut, mir selbst zu begegnen, mir bewusst zu machen, was ich fühle und diese Gefühle radikal als etwas Konstruktives anzunehmen.


Wenn ich diese Schritte gemeistert habe, kommt der Selbstwert ins Spiel.


Selbstwert


Den Mut zu haben, mich mit diesen Gefühlen zu zeigen = Selbstwert.


Das bedeutet, ich gebe mir selbst den Wert, mich so zu zeigen, wie ich bin. Ohne Scham und schlechtes Gewissen. Wo immer ich das machen kann, gehe ich wirklich in Beziehung mit anderen. Ohne Maske, ohne mich zu verstecken. Ich werde sichtbar, weil ich vorher für mich selbst sichtbar geworden bin.


Dieses sich Zeigen läßt Urteil, Wertung, Vorwurf, Kritik, Anspruch und Unterstellungen aus. Ich kann einfach ehrlich von mir berichten. Als Ergebnis tiefer Selbstreflexion.


Und so begegne ich meinem Gegenüber auf der Gefühlsebene. Der einzigen Ebene, auf die es in Beziehung ankommt. Die Fähigkeit, mich selbst so zu zeigen, wie ich bin, ist die Basis für jede gelingende Beziehung, nicht nur für die Paarbeziehung.


Ich habe in einer Beziehung immer den Wert, den ich mir selbst gebe. Gebe ich mir diesen Wert nicht, wird es mein Gegenüber auch nicht tun, weil ich unsichtbar bleibe und mein Gegenüber daher nie die Chance bekommt, zu wissen, wer ich bin. Nur wenn ich mich zeige, habe ich die Chance, meine Grenzen zu wahren und gleichzeitig Beziehung zum Gegenüber zu erhalten.


Es braucht oft viel Mut, den eigenen Gefühlen zu begegnen, radikal ehrlich zu sich zu sein. Sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Sich nicht abzulenken oder zu betäuben, wenn die eigenen Gefühle unangenehm sind. Aber überall, wo ich diesen Mut finde, wird er belohnt.



Übung:


Die oben beschriebenen 5 Schritte sind nur in dieser Reihenfolge möglich. Schau für dich, worin du schon geübt bist, was dir vertraut ist, und starte von dort. Wenn du mehr Übung in einem der Aspekte für dich bekommst, kannst du den nächsten Schritt machen.


Solltest du das Gefühl haben, dass deine Ängste dafür zu groß sind, dass du dieser Selbstreflexion immer wieder ausweichst, aber in Konflikt mit dir und anderen lebst, dann sind die Ängste zu groß, um selbst hinzuschauen. Auch das gilt es anzuerkennen, statt mit sich in Konflikt zu sein.


Dann empfehle ich dir, Unterstützung zu suchen, jemandem, der dir mit Verständnis und Mitgefühl begegnen kann und mit deren Hilfe es einfacher ist diesen Weg zu gehen.

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