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Raum geben - langsam werden


Raum geben ist ein ganz zentraler Wert in der Achtsamkeit. Raum geben - innehalten - ohne zu reagieren. Etwas stehen lassen wie es ist, und erst mal spüren.

Wir sind (fast) immer zu schnell.

Jemand erzählt uns etwas persönliches - und statt daß wir zuhören, und wirklich bei ihm bleiben, "wissen" wir schon was wir sagen wollen. Wir brennen darauf daß unser Gegenüber ausredet oder unterbrechen ihn vielleicht. Wir sind es gewohnt so zu kommunizieren, doch so bleiben wir immer an der Oberfläche. Wir begegnen einander nicht. Und es tut Niemandem gut.

Oft geben wir uns auch selber keinen Raum. Wie schnell reagieren wir oft auf Anfragen und ärgern uns dann, daß wir sofort ja gesagt haben - statt daß wir uns ein bißchen Zeit genommen haben zu spüren, ob etwas in uns wirklich ja sagt. Durch die Geschwindigkeit in der wir leben, kommen wir oft nicht in Beziehung - weder zu uns selbst, noch zu unserem Gegenüber.

Beziehung entsteht durch Kontakt

Wo immer wir uns die Zeit nehmen im Augenblick in Kontakt zu gehen, entsteht Beziehung. Beziehung zum Anderen und Beziehung mit uns selbst.

"Wir werden dasitzen und so aufmerksam zuhören, daß wir wirklich wahrnehmen was die andere Person sagt, und auch was sie nicht sagt."

Von diesem Zitat von Thich Naht Hanh geht eine große Ruhe aus. Es verdeutlicht, worum es in der Achtsamkeit geht. Um Präsenz im Augenblick. Worte sind gar nicht so wichtig, wenn es um Begegnung geht. Was ich antworte ist gar nicht wo wichtig. Wie geht es meinem Gegenüber? Was will er mir eigentlich sagen? Was spüre ich zwischen den Zeilen? Wenn wir das wahrnehmen, entsteht Beziehung. Ohne Beziehung gibt es keine wirkliche Kommunikation. Man sieht den Anderen nicht wirklich.

Alles darf sein - so wie es ist

Diese Grundhaltung der Achtsamkeit schließt nichts aus. Und so ist es oft gerade wertvoll dort in Beziehung zu gehen, wo wir Angst haben, wo wir Widerstände spüren, wo wir uns anspannen, wo wir Abstand gewinnen wollen. Gerade dort Raum zu geben. Nicht gleich zu reagieren - innezuhalten - und zu spüren was in Beziehung mit dem was uns nicht so angenehm ist entsteht.

Überall dort wo wir Dingen begegnen die uns unangenehm sind, haben wir die Angewohnheit aus dem Kontakt zu gehen. Indem wir unterbrechen, indem wir nicht mehr zuhören, weg schauen, indem wir uns zurückziehen oder Ähnliches. Meist ist uns das nicht bewußt. Wir reagieren automatisch. Und überall dort verlieren wir den Anderen und uns selber aus dem Blick.

Dort wo wir Raum geben, kommen wir wieder in Kontakt.

Mich zumuten können

Was passiert, wenn ich mich nicht gut fühle und einfach nur rauslassen möchte was mich frustriert, oder worüber ich traurig bin? Wie geht es mir, wenn ich mich mit diesen Gefühlen jemand Anderem zumuten kann, ohne daß mein Gegenüber ein Urteil über mich hat. Ohne daß ein schneller Ratschlag kommt, aufmunternde Worte, oder Beschwichtigungen. Wenn das wie es mir geht einfach mal Raum kriegen darf. Sein darf. Weil es ist, und weil es in dem Moment zu mir gehört.

Oft ist es einfach gut etwas mit jemandem zu teilen und zu merken, daß es okay ist traurig zu sein, und frustriert. Das tut gut - und verbindet.

Und wo aus der Stille und dem Spüren Worte kommen, berühren sie.

 

Übung

Raum geben ist eine Übung, die uns den ganzen Tag über begleiten kann - die uns auch eine Woche oder einen Monat lang begleiten kann. Egal ob im privaten Gespräch, im Beruf, mit den Kindern, oder uns selbst.

Was passiert in unserem Leben, wenn wir dem was ist Raum geben - ohne Urteil? Wenn wir nachspüren was wirklich in uns in Resonanz geht? Was passiert mit unserer Wahrnehmung? Wie reagieren wir dann? Was passiert dann mit unseren Beziehungen?

Was passiert vor allem dort, wo wir aus alter Gewohnheit nicht in Kontakt bleiben können - wo Situationen für uns schwierig sind. Was passiert gerade dort, wenn wir den Raum geben und in Beziehung bleiben?

Wie immer ist es hilfreich auch diese Erfahrungen und Beobachtungen täglich in ein Tagebuch zu notieren. So können die Erfahrungen noch einmal erlebt und reflektiert werden und werden so Stück für Stück zu einem Teil unserer alltäglichen Erfahrungswelt.

Unser Bewußtsein erweitert sich, da es Räume betritt, die ihm vorher verschlossen waren.


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