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Gedanken über Beziehung


Beziehung ist für mich das geheime Schlüsselwort in der Achtsamkeit. Thomas Hübl hat einen Satz über Beziehung geprägt, der für mich ausdrückt, warum Beziehung wichtig ist. Er sagt,

"Alles was in Beziehung tritt, darf heilen"

Als zweiten Satz hat Thomas Hübl hinzu gefügt: "Beziehung findet dort statt, wo deine Wirklichkeit in mir stattfinden darf."

Diese zwei Sätze sind für mich in jede Richtung fundamental. Was sie beinhalten ist größer als das, was man in einem Homepage Eintrag zusammen fassen kann. Ich lade jeden ein für sich über die Bedeutung dieses Satzes für sich zu meditieren.

Konflikt

Überall dort wo wir in Konflikt sind mit uns selbst oder anderen sind wir in der Tiefe mit etwas nicht in Beziehung. Wir sind nicht mehr ganz.

Überall dort wo wir eine Wirklichkeit nicht annehmen können wie sie ist, spalten wir etwas ab, was dazu gehört und wirkt. Wir gehen aus dem Kontakt und damit gehen wir aus der Beziehung.

Das Gleiche gilt für Gefühle, die in uns existieren. Wenn wir Gefühle, die wir haben nicht haben wollen obwohl sie da sind, setzen wir die Beziehung mit ihnen aus. Wir schauen nicht mehr hin. Wir fragen nicht mehr nach. Wir versuchen nicht mehr zu verstehen.

Bezogen sein

Wenn wir in Beziehung sind, wissen wir was es heißt bezogen zu sein. Wir alle müssen das irgendwann kennenlernen - wie es sich anfühlt, daß sich jemand auf uns bezieht. Daß wir wichtig sind und wert, daß man sich auf uns bezieht. Daß wir dazu gehören dürfen, weil es selbstverständlich ist, daß man sich auf uns bezieht. Und zwar im besten Fall darauf wie wir wirklich sind - statt so wie man uns gerne hätte.

Wer das große Glück hatte so aufzuwachsen, der ist in guter Beziehung mit sich selber, und ihm wird Beziehung im Außen leicht fallen. Doch dieses Glück findet so rein kaum statt. Wer es nicht oder nur in Teilen kennengelernt hat, der muß Beziehung später erst Schritt für Schritt lernen.

Denn er weiß nicht wie es sich anfühlt, wenn sich jemand auf ihn ohne Urteil bezieht, noch weiß er wie er selber sich auf andere ohne Urteil beziehen kann. Sein Bild der Wirklichkeit ist verrückt - denn er mußte in seiner Kindheit lernen, daß das "wer er wirklich ist" nicht wert ist gesehen zu werden.

Diese Sicht erzeugt eine Trance, in der wir lange gefangen bleiben. Aber es gibt einen Weg aus dieser Trance, durch den wir wieder Zugang zur Wirklichkeit finden wie sie ist - und dadurch auch Zugang zu unserem Selbstwert.

Interpretation

Überall dort wo wir aus der Beziehung gehen fehlt der Kontakt. Und dort fängt es an, daß ich mir "eine Meinung" über jemand Anderen oder meinen eigenen Gefühlen gegenüber machen. Ab da wo ich nicht mehr in Beziehung bin, verwechsle ich meine Interpretation mit der Wirklichkeit.

Wer genau schaut, sieht daß jede Interpretation der Motivation eines Verhaltens falsch ist. Nur wenn wir ein Gegenüber fragen was seine Motivation war, können wir ein Bild seiner Wirklichkeit bekommen.

Nur wenn wir mit unseren Gefühlen, mit unserem Körper, mit unserem Verstand in Beziehung sind, und kein Urteil über einen der drei haben, können wir in unserer Wirklichkeit leben.

Lösung

Jede wirkliche Lösung passiert über Beziehung. Jede Lösung passiert darüber, daß die Wirklichkeit dessen was ich abgespalten habe wieder in mir stattfinden darf.

Wenn die Wirklichkeit meiner Gefühle, meines Verstandes und meines Körpers in mir gleichwertig existieren darf - wenn alles gesehen wird, und ich mit allem in Beziehung sein kann - dann bin ich in der Lösung. Denn alles was in mir gelöst ist, führt automatisch dazu daß die Lösung im Außen auch eintritt.

Oft kommt einem vor, daß man einfach nicht mit so Vielem in Beziehung sein kann - daß es notwendig ist aus der Beziehung zu gehen. Doch in dem Maß, in dem das Urteil gegenüber Anteilen in mir und das Urteil gegenüber anderen schrumpft, wächst Beziehung.

Wirklichkeit

Es gibt nur eine unteilbare Wirklichkeit. Diese eine Wirklichkeit ist immer das Ganze. Alles was wir vom Ganzen abschneiden im Glauben es gehöre nicht dazu, und in der Illusion daß das überhaupt geht etwas abzugrenzen, führt zu Konflikt und Leid. In uns und in unseren Beziehungen im Außen.

Beziehung hingegen schafft Transformation durch Integration.

So trifft der Satz "Alles was in Beziehung tritt, darf heilen" auf ganz vielen Ebenen einen unverrückbaren Kern der Achtsamkeit.

"Beziehung findet statt, wenn deine Wirklichkeit in mir stattfinden darf" ist das Maß, in dem gemessen wird. Egal ob es um Beziehungen im Außen geht, oder um Beziehung zu uns selbst. Je mehr wir integrieren, desto weiter wird unser Bewußtsein, und desto mehr sind wir in Einklang mit dem was ist.

Ergänzen möchte ich den heutigen Eintrag noch mit einem kurzen Text von Virginia Satir, die in ihrem Text "Wie ich dir begegnen möchte" sehr schön beschreibt, was es heißt gut in Beziehung zu sein.

 

Wie ich dir begegnen möchte - von Virginia Satir

Ich möchte Dich lieben, ohne Dich einzuengen;

Dich wertschätzen, ohne Dich zu bewerten;

Dich ernst nehmen, ohne Dich auf etwas festzulegen;

zu Dir kommen, ohne mich Dir aufzudrängen;

Dich einladen, ohne Forderungen an Dich zu stellen;

Dir etwas schenken, ohne Erwartungen daran zu knüpfen;

von Dir Abschied nehmen, ohne Wesentliches versäumt zu haben;

Dir meine Gefühle mitteilen, ohne Dich für Sie verantwortlich zu machen;

Dich informieren, ohne Dich zu belehren;

Dir helfen, ohne Dich zu beleidigen;

mich um Dich kümmern, ohne Dich verändern zu wollen;

mich an Dir freuen, so wie Du bist.

Wenn ich von Dir das Gleiche bekommen kann, dann können wir einander

wirklich begegnen und uns gegenseitig bereichern.

Virginia Satir


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