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Achtsamer Sex

Vor Kurzem habe ich über ein Interview Slow Sex kennengelernt. Die Beschreibung hat sofort Resonanz in mir ausgelöst und die Erfahrung ist großartig.


Worum geht es bei Slow Sex? Ganz einfach - es geht um Sex ohne Orgasmus. Der Orgasmus ist einfach von Anfang an ausgeschlossen. Es geht nur um Berührung und die ganze Sache folgt ganz einfachen Regeln.



Wenn sich nichts zum Orgasmus hin steigern muss, wird man automatisch langsamer. Es geht weniger um vordergründige Lust und darum, ein Ziel zu erreichen. Es geht einfach ums Spüren. Die Berührungen konzentrieren sich dann nicht so schnell auf erogene Zonen. Man entdeckt einen Körper dann ganz anders.


Weniger Tun = mehr fühlen


Überall, wo ich langsamer werde, nehme ich mehr wahr. Überall, wo ich zarter bin, spüre ich mehr. Und das bedeutet, dass ich bei Slow Sex ganz ins Spüren eintauche und durch die Ziellosigkeit völlig im Moment bleiben kann. Das ist nicht nur eine Entdeckungsreise des anderen Körpers, sondern vor allem auch eine Entdeckungsreise in die eigene Spürfähigkeit. Und das ist purer Genuss.


Durch Sex ohne Orgasmus gibt es keine Erwartungshaltungen, so kann man ganz bei sich bleiben.


In dem Interview, das ich über Slow Sex gelesen habe, stand, dass ich durch häufigen Orgasmussex immer hungrig bleibe. Es ist wie eine Sucht zu befriedigen. Slow Sex nährt und es bleibt ein angenehmes Gefühl von satt sein. Das klang zunächst paradox. Aber genau so fühlt es sich auch für mich an.


Wie in der Zeitlupe im Sport, in der ich viel mehr wahrnehme, was da im Augenblick passiert, ist es auch beim Spüren.


Wie lange dauert Slow Sex?


Dieses gegenseitige Spüren und Erkunden kann gerne mal eine Stunde dauern. Die Geschlechtsteile zu berühren ist genauso erlaubt wie Penetration. Aber auch die bleibt langsam und zielt nie auf den Orgamus. Natürlich ist das alles auch erregend. Aber gleichzeitig fühlt es sich einfach gut an, in dieser Wahrnehmung zu bleiben.


Wenn man das erste Mal einen Impuls hat, aufzuhören, kann man gut noch 10 Minuten anhängen.


Wie in allen Aspekten von Beziehung ist das wichtigste Element das gegenseitige Vertrauen, das beide in der Ausmachung bleiben. Sex mit Orgasmus darf es dann an anderen Tagen geben. So lernt der Körper den Unterschied der verschiedenen Empfindungen und die Absichtslosigkeit bleibt erhalten.


Genuss oder Lust


Es geht einfach um die Erfahrung von Genuss im Gegensatz zur Erfahrung von Lust. Beide sind wunderbar. Aber wenn die Lust im Vordergrund ist, kann man den Genuss, der darunter liegt, nie so in der Tiefe wahrnehmen. Der Genuss ist wie eine leisere Ebene, die im Lauten schnell untergeht.


Jeder Performancedruck auf beiden Seiten fällt weg - und auch das entspannt einfach und führt wiederum zu mehr Fühlen. Es ist nicht einmal wichtig, erregt zu sein, wenn man Slow Sex hat. Es fühlt sich einfach nur gut an.


Bei Slow Sex entsteht auf diese Art viel mehr Nähe als bei konventionellem Sex.


In der Achtsamkeit geht es ja auch immer darum, durch mehr Langsamkeit und durch bewusstes Wahrnehmen des Körpers im Augenblick einen Weg aus dem Stress zu finden. Im Interview kam dazu ein schöner Satz vor: "Die meisten Menschen merken erst, wie viel Stress sie beim Sex hatten, wenn der Stress weg ist."


Hat man Slow Sex eine Zeit lang wie oben beschrieben erkundet, kann Slow Sex auch jederzeit in Lust übergehen, wenn beide dahin abbiegen wollen.


Für mich ist die Erfahrung dieses achtsamen Sex eine wirkliche Bereicherung. Ich habe das Gefühl, meine Frau und mich ein Mal mehr wieder neu kennengelernt zu haben. Wir haben jetzt noch eine Sprache mehr, in der wir uns unterhalten können.



Übung:


Die Übung ist in diesem Fall ganz klar. Wenn beide Partner sich auf diese Erfahrung bewusst und gemeinsam einlassen, ist es einfach eine schöne Reise in die sinnliche Wahrnehmung, die nicht nur die körperliche Beziehung bereichert, sondern auch die emotionale.




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