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Ich schaffe nichts mehr - alles bleibt liegen

Wir haben das Gefühl immer mehr zu arbeiten und gleichzeitig immer weniger zu schaffen und abschließen zu können. Das erzeugt eine permanente innere Unruhe und Unzufriedenheit. Man kommt sich vor wie im Hamsterrad - je schneller man läuft, desto schneller dreht sich das Rad.


Das Ergebnis ist Erschöpfung.

Ich schaffe nichts mehr I Achtsamkeit Blog

Für diesen Effekt gibt es interessanterweise einen Hauptverursacher.


Wir leben in einer Ablenkungskultur


Schau mal, ob du dich in der folgenden Beschreibung deines Arbeitstags wieder findest:


Morgens erst mal einen Kaffee und dann an den Computer. Emails beantworten und kleine To Do's erledigen. Das dauert gern mal eine Stunde. Da habe ich aber sozusagen noch nichts gearbeitet. Noch ein Kaffee, zurück am Computer - 4 oder 5 neue Mails sind da - beantworten. "Kurz" etwas im Internet schauen. Von da ist es ja nur ein Knopfdruck zu den Nachrichten oder den Sportergebnissen oder Facebook. Also da mal kurz rein schauen. Da ist ein interessantes Link. Warum nicht? Dauert ja nicht lange. Die nächste halbe Stunde ist vorbei.


Vielleicht habe ich auch noch push Nachrichten, Chats, Social Media, die immer mal wieder pling machen. Mal kurz schauen. Weitere mails beantworten.


Dann noch einen Kaffee - jetzt geh ich meine Arbeit wirklich an. Es dauert statistisch gesehen unter 10 Minuten - dann werde ich wieder unterbrochen....


Die Mittagspause naht und ich habe nicht zu Unrecht das Gefühl, eigentlich noch gar nichts getan zu haben.


Je mehr Arbeit auf diese Weise liegen bleibt, desto unangenehmer wird es dort hinzuschauen. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich ablenke.


Das To Do wird auf diese Weise immer vorgereiht. Das Wichtige, das Wesentliche muss oft warten. Das macht dann wieder Druck. Außerdem verliere ich durch die ständigen Ablenkungen auch noch die Fähigkeit, mich über längere Zeit zu konzentrieren. Alles ist irgendwie ständig zerrissen.


In Beziehung gehen mit dem was ich tue


Diese Art zu arbeiten führt dazu, dass wir nie in den Modus kommen, uns wirklich vertieft mit etwas zu beschäftigen. Wir bleiben immer an der Oberfläche und kommen nicht mehr dazu, Dinge in der Tiefe durchzudenken.


So finden die Mitarbeiter nicht nur die nötige Ruhe, sich in ein Thema wirklich zu vertiefen. Der direkte Austausch führt sehr viel schneller und direkter zu guten Lösungen. Ich verstehe auch viel besser, was der andere gerade macht und warum. So können wir gemeinsam entdecken was es braucht, um eine Sache voranzubringen. Es hilft, über Dinge zu reden, statt sich 1000 Nachrichten hin und her zu schicken, die nie wirklich etwas klären.


So finden die Mitarbeiter nicht nur die nötige Ruhe, sich in ein Thema wirklich zu vertiefen. Der direkte Austausch untereinander ist eine Form der Kommunikation, die sehr viel schneller und direkter dazu führt, auf gute Lösungen zu kommen und wirklich zu verstehen, was der andere gerade macht und warum und was es braucht, um eine Sache voranzubringen.


Digitale Kommunikation macht sozusagen viel Wirbel, aber es kommt wenig dabei raus. Man spürt sich und sein Gegenüber auch nicht mehr. Denn Computer sind im Gegensatz zu Menschen keine lebendigen Resonanzsysteme. Sie sind nur Informationsträger.


Spüre ich mein Gegenüber, kommen ganz viele Informationsebenen hinzu, die es wahrscheinlich machen, dass ich schneller gemeinsam zum Wesentlichen komme.


Kreative und innovative Unternehmen setzen daher zunehmend auf einen guten Anteil analoger Welt, in der ich mit dem, was ich tue und mit meinen Kollegen wirklich in Beziehung gehen kann. Diese Art zu arbeiten ist nicht nur wesentlich befriedigender. Sie führt auch dazu, dass Themen vertieft und Projekte abgeschlossen werden.


Doch nicht jede Firmenkultur stellt sich so einfach auf dieses Modell um. Was kann ich also tun, um mich persönlich gut vor der Ablenkungskultur zu schützen?


Die 20 Sekunden Regel


Dass wir so anfällig darauf sind uns ablenken zu lassen, ist kein persönliches Problem. Es ist Teil unserer Psyche. Die positive Psychologie hat in ihren Forschungen die sogenannte 20 Sekunden Regel entdeckt.


Was besagt diese Regel?


Alles, was wir in unter 20 Sekunden machen können, verführt unsere Psyche dazu, es gleich einzubauen. Jedes Pling vom Mail führt zu einer sofortigen Reaktion. In 20 Sekunden kann ich jede Art von Information im Internet finden. Je schneller ich Dinge machen kann, desto größer der Suchtfaktor und desto weniger denke ich darüber nach, wenn ich mich "kurz" ablenken lasse.


Der Suchtfaktor des Schnellen ist mittlerweile überall eingebaut. One Click Shopping, mit Fingerabdrucksensor am Telefon, das Buch jetzt kaufen und übermorgen geliefert bekommen oder nach einer Minute am Kindle lesen können, usw. Alles schnelle Reize, die Belohnungssysteme in mir ansprechen. Aber letztlich sind das alles leere Erfahrungen, in denen ich mich nicht mehr spüre.


All diese Dinge, die schneller und schneller werden, sind immer mit dem Versprechen gekommen, dass sie uns Zeit sparen. Zeit, die wir dann für uns haben. Aber je beschleunigter unsere Welt wird, desto weniger Zeit haben wir gefühlt. Je schneller unsere Welt wird, desto weniger spüren wir uns. Desto weniger können wir mit uns selbst und anderen in Beziehung gehen.


Wir verlieren nicht nur die Beziehung zu uns selbst, sondern auch mit anderen Menschen. Wir leben mit Monitoren und das führt dazu, dass wir uns selbst verlieren.


Wie kann ich den Stecker ziehen und wieder zu mir kommen?


Ich kann diese 20 Sekunden Regel interessanterweise auch zu meinem Nutzen einsetzen. Und genau das ist die Achtsamkeitsübung für diese Woche.


 

Übung


Alles was länger dauert als 20 Sekunden, empfindet unsere Psyche als mühsam - das wird dann gern auf später verschoben. Ich lasse mich davon dann nicht ablenken, sondern verschiebe es gern auf später.


Die Empfehlung ist also, sich auf ganz eigene Art den Schlüssel zur schnellen Ablenkung aus der Hand zu nehmen. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Ich kann meine Push Nachrichten überall ausmachen und mein Mail Programm so einstellen, dass es die Mails nur dann abruft, wenn ich sie abrufen möchte.


Ich kann auch den Button zum Öffnen meines Mail Programms und meines Browsers so weit in Unterordner verstecken, dass es mehr als 20 Sekunden dauert, bis ich ins Internet komme. So blöd das klingt, es wirkt. Du wirst sehen - der Gedanke, kurz etwas nachzuschauen taucht auf - und eine halbe Sekunde danach ein anderer Gedanken - "nein - jetzt zu mühsam - später".


Es gibt auch Apps, die das Internet für eine definierte Dauer sperren. Oder ich kann ganz einfach das W-Lan ausstecken oder die Verbindung im Computer abwählen. Dann habe ich Ruhe und die Welt der Ablenkung kommt dann, wann ich es bestimme.


Es ist ein bisschen wie mit der Schokolade, die ich nicht zu Hause habe. Die kann ich dann auch nicht essen.


Es hilft auch, morgens mit dem Wesentlichen anzufangen. Wir haben oft die Illusion, dass wir erst alles Mögliche erledigen und dann..... machen wir die wichtigen Dinge. Dabei stellen wir allerdings fest, dass die wichtigen Dinge erstaunlich oft auf der Strecke bleiben.


Das Mail, das Internet, das Smartphone überhaupt erst mittags zu starten, schafft also viel Freiraum sich in eine Sache zu vertiefen.


Wer dann seine Zeit noch damit nutzen kann, sich direkt mit Kollegen zu verständigen und Aug in Aug zu sprechen, der geht mit der Arbeit, mit sich selbst und mit den wichtigen Beteiligten wirklich in Beziehung.


Die Forschung der positiven Psychologie zeigt, dass diese Art zu arbeiten wesentlich produktiver und kreativer ist. Gleichzeitig macht sie mehr Spaß und ich erlebe mal wieder wie es ist, wenn ich mich einer Sache widme und sie auch wirklich fertig bekomme.


Und das ist tief befriedigend.

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